Software | Open Source

 

SOFTWARE-MONOKULTUREN WERDEN LÄNGERFRISTIG NICHT ÜBERLEBEN

 

 

Kostenfreie Open Source-Software (OSS) ist in den letzten fünf Jahren vom Spielzeug für Freaks zu einer echten Alternative zu kommerzieller Software herangewachsen. Leanux.ch hat sich auf die Installation und den Support von Open Source-Lösungen spezialisiert. Martin Elmer, stellvertretender Geschäftsführer, ist davon überzeugt, dass die Zukunft der OSS gehören wird.

 

Herr Elmer, lange Zeit galt Open Source-Software vor allem als Spielzeug von Tüftlern und Programmier-Freaks. Wie sieht es heute aus?

Martin Elmer: Die Verwaltung des Kantons Solothurn hat während den letzten Jahren vollumfänglich auf Open Source-Software umgestellt, Migros und die Post evaluieren zurzeit, ob bestimmte Projekte mit OSS umgesetzt werden sollen – alleine daran sieht man, dass das Vertrauen in diese Technologie stark gewachsen ist. Heute ist OSS praktisch überall im Einsatz, oft jedoch ohne dass der Benutzer etwas davon merkt. Ich schätze, dass mittlerweile bereits jedes zweite E-Mail über einen OSS-Webserver verschickt wird.

 

Spiegelt sich diese Entwicklung auch in den Bedürfnissen Ihrer Kunden?

Ja, immer wie mehr Kunden haben das Gebaren und die Monopolstellung der grossen Softwarefirmen satt und suchen dementsprechend bewusst nach Alternativen. Zudem realisieren immer mehr Betriebe, dass sich mit OSS viel Geld einsparen lässt.

 

Worin liegen die handfesten Vorteile der OSS für ein Unternehmen?

Die Anschaffungskosten und die jährlich zu entrichtenden Lizenzgebühren von herkömmlicher Software entfallen. Die Abhängigkeit von einzelnen Sofwareherstellern sowie die Gefahr zu kostspieligen Migrationen, weil ein Sofwareanbieter vom Markt verschwindet, fallen ebenfalls weg. Zudem wird die enorme Verflechtung von Programmen kostenpflichtiger Anbieter durchbrochen. Diese erleichtert zwar einerseits die Arbeit am PC, verpflichtet aber andererseits zu stetigen kostenpflichtigen Updates, weil die einzelnen Programme sonst unter Umständen nicht mehr miteinander kompatibel sind.

 

Sie raten also jedem Ihrer Kunden zum Umstieg auf Open Source–Software?

Nein, wir sind keine OS-Fetischisten. Wir richten uns nach den Bedürfnissen unserer Kunden; die passende Lösung ist schliesslich entscheidend. Deshalb bieten wir auch klassische Software- und Netzwerklösungen von grossen Softwarefirmen wie Microsoft an. Einen Fixfertig-Lösung wie ein MS Small Business Server kommt den Kunden manchmal günstiger zu stehen, als wenn wir etwas Ähnliches mit unterschiedlichen Open Source-Tools bauen müssten.

 

Sind auch Hybridsysteme aus Open Source und kommerzieller Software möglich?

Ja, das hat sich in der Praxis sehr bewährt. Der Vorteil ist, dass sich Mitarbeiter nicht von heute auf morgen in eine total neue Systemumgebung einarbeiten müssen. Man bleibt also zum Beispiel bei einem Windows oder Mac-Betriebssystem, nutzt aber gleichzeitig OpenOffice.org, das kostenfreie Pendant zu MS-Office. Oder umgekehrt: Serverbasierte Systeme laufen im Hintergrund mit OSS, währenddem die Mitarbeiter an ihrem PC noch immer mit den bekannten Microsoft- oder Mac-Programmen arbeiten.

 

Wieviel kann ein Unternehmen mit einer solchen gemischten Lösung sparen?

Aufgrund der wegfallenden Lizenzgebühren 200 bis 300 Franken pro PC bei den Initialkosten. Danach jährlich rund 50 Franken pro Rechner.

 

Sind Open Source-Nutzer punkto Garantie benachteiligt gegenüber Nutzern von lizenzierten Programmen?

Nein, schliesslich übernimmt auch kein Software-Hersteller die Haftung für allfällige indirekte Schäden, die durch sein Produkt verursacht wurden. Selbst eine Hersteller-Wartungsgarantie verspricht nicht, dass ein Fehler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt behoben ist, sondern nur, dass sich jemand darum kümmern wird. Solche Garantien bieten wir auch für OSS an, mit dem Unterschied, dass wir freien Zugang zum Quellcode der Software haben, Probleme direkt angehen können und unsere Kunden dadurch nicht mehr von einem bestimmten Hersteller abhängig sind.

 

Eines der Hauptprodukte von leanux.ch ist der SQL-Ledger, ein Enterprise Ressource Planing-System, kurz ERP, auf der Basis von Open Source. Diese Software kann gratis aus dem Internet herunter geladen werden. Womit verdienen Sie dann eigentlich Ihr Geld?

Wir verdienen einzig am Support. Darunter fallen die massgeschneiderte Einrichtung der Software, die Schulung und die Betreuung bei allfälligen Problemen. Wir programmieren für unsere Kunden auch Ergänzungen um SQL-Ledger deren Geschäftsbedürfnissen optimal anzupassen. Die zusätzlichen Funktionen werden anschliessend wiederum kostenlos der gesamten Open Source-Community zur Verfügung gestellt. So wächst SQL-Ledger konstant.

 

Für wen eignet sich Open Source-ERP?

Sicher für kleine Unternehmen, die ihre Rechnungen und Offerten bislang über Word schrieben und Excel für die Buchhaltung nutzten, weil ihnen eine professionelle ERP-Lösung zu teuer war. Ihnen können wir eine umfassende und integrierte Lösung zu einem anständigen Preis bieten. Dadurch wird die Buchhaltung effizienter und Ende Jahr fällt für den Treuhänder weniger Arbeit an. Die Investition ist in ein bis zwei Jahren amortisiert. Natürlich lege ich auch allen Neugründungen ein Open Source-ERP ans Herz. Mit einer geringen Investition haben sie von Beginn an eine professionelle Lösung, die relativ einfach an zukünftige Anforderungen anzupassen ist.

 

Wird sich Open Source-Software langfristig gegenüber den kommerziellen Konkurrenten durchsetzen?

Ja, davon bin ich überzeugt, diese Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. Die Evolution und die Menschheitsgeschichte haben uns gezeigt, dass Monokulturen längerfristig nicht überlebensfähig sind. Das gleiche gilt auch in Bezug auf die Software.

Interviewpartner

leanux.ch AG

Martin Elmer