Personalführung

 

MIT LEHRLINGEN PUNKTEN

 

 

Lehrlinge, die gegenüber Kunden und Lieferanten mit gutem Benehmen und positiver Kommunikation glänzen, sind die beste Werbung für ein Unternehmen. NETZWERK-Partner Galliker Kommunikation gibt hilfreiche Tipps, wie KMU ihre Lehrlinge zu echten Visitenkarten des Betriebs machen können.

 

Wieso ist gutes Benehmen der Lehrlinge für KMU so wichtig?

Hansruedi Galliker: Anstelle des Ausdruckes "Gutes Benehmen" würde ich lieber „sorgfältige Kommunikation“ sagen. Das allerdings ist bei Lehrlingen nicht wichtiger als bei allen anderen Mitarbeitenden einer Unternehmung. Viele Firmen geben sehr viel Geld für teure PR- und Werbemassnahmen aus. Sie investieren in’s CI und CD und entwickeln Imagekampagnen. Das ist gut und recht. Aber die wichtigsten Imageträger sind die Mitarbeitenden vom Lehrling bis zum obersten Chef. Wenn alle Mitarbeitenden Wert auf einen sorgfältigen Umgang mit den Kundinnen und Kunden sowie mit den Kolleginnen und Kollegen legen, ist das die beste Imagekampagne. Sie vermittelt die Kundenorientierung, Professionalität und Sorgfalt, die sich das Unternehmen wünscht.

 

Sollte ein Unternehmen also eine Art „Knigge“ verbindlich einführen?

Der Ausdruck „Knigge“ klingt veraltet und bünzlig. Aber das sind Vorurteile: Ein Firmenknigge, bei dem man definiert, wie alle im Unternehmen auf die Kunden zugehen und wie man intern kommuniziert, kann direkt das Auftragsvolumen beeinflussen. Denn Aufträge werden nicht nur vergeben, weil Fachwissen überzeugt. Aufträge werden ganz wesentlich vergeben, weil die Kunden den Auftragnehmer sympathisch, zuvorkommend und korrekt finden. Auf korrekte Umgangsformen und gute Kommunikation achten heisst, in die Beziehungsarbeit investieren. Wenn wir mit unserem Kurs „Visitenkarte Lernende“ beim Lehrling ansetzen, so deshalb, weil Lernende offen für Neues sind und motiviert am Kurs teilnehmen. Wenn sie das Wissen gekonnt ihrem Chef vermitteln, ist das umso besser.

 

Was heisst „sorgfältige Kommunikation“ bei einem Lehrling?

Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben. In unserem Bürohaus mit vielen kleineren Betrieben hat zum Jahreswechsel eine neue Firma die Hauswartung übernommen. Am ersten Arbeitstag ist ein junger Hauswart, heute sagt man Objektmanager, von Büro zu Büro gegangen, hat sich korrekt vorgestellt und erklärt, was er Woche für Woche zu tun gedenkt. Er fragte, ob wir spezielle Anliegen hätten und übergab uns seine Visitenkarte. Eine Woche später hat er wieder angeklopft und uns darüber orientiert, was aus unseren Anliegen geworden ist. Das ist perfekte PR für diese Hauswartungs-Firma und das, was ich unter korrekter, sorgfältiger Kommunikation verstehe. Der junge Hauswart hat nicht gezaubert, aber er hat den Firmen-Knigge seiner Firma korrekt umgesetzt.

 

Woran hapert es bei den jungen Mitarbeitenden meistens?

Wenn es bei jungen Mitarbeitenden hapert, ist der Chef schuld, der zu wenig Wert auf Kleinigkeiten legt, die keine Kleinigkeiten sind. Auch hier ein Beispiel: Als ich vor zwei Jahren meine Büroräumlichkeiten neu bezog, durfte ich eines Morgens überrascht feststellen, dass die Telefoninstallateure bereits fröhlich an der Arbeit waren. Sie seien früher da gewesen und hätten sich Einlass verschafft, war die Erklärung. Die Arbeit, die sie ausführten, war tiptop. Aber sie haben meine Räumlichkeiten ohne zu fragen betreten, haben nicht erklärt, was sie gerade tun und sich erst auf Nachfragen hin vorgestellt. Das geht nicht. Heute arbeite ich mit einem anderen Elektriker zusammen. Es geht also um Sorgfalt und um Aufmerksamkeit. Dies einzufordern ist Chefsache. Er muss die Unternehmensziele nicht nur im Fachbereich verlangen, sondern auch bei den Umgangsformen gegen aussen und innen.

 

Aber nicht jeder Lernende ist ein grosser Redner, oder?

Es braucht Mut, frei von der Leber weg etwas zu erklären. Auch vor einer Gruppe von Leuten. Mittelschüler und Studierende werden trainiert im freien, eloquenten Reden. Lernenden, vor allem in Handwerks- und Gewerbeberufen, fehlt es oft an Selbstbewusstsein. Sie trauen sich nicht zu, gut zu kommunizieren und zu erklären. Sie lernen zwar anspruchsvolle, komplexe Berufe, aber mit den Kunden zu reden ist oft nicht ihre Sache. Da wird gemurmelt und in Halbsätzen geredet und der Kunde versteht nur Bahnhof. Selbstbewusstes Auftreten und Reden kann man aber üben. Ich habe schon oft gestaunt, wie schnell Jugendliche ihre Zurückhaltung im Referieren und Reden ablegen und schon bald gekonnt ein Anliegen vor Publikum vertreten können. Zurück zu unserem jungen Hauswart: Der hat nicht gesprüht vor Rhetorik als er uns seine Arbeit erläuterte. Aber er hat es gut verständlich und seiner Persönlichkeit entsprechend getan. Das war super.

 

Wie schafft man es, die Lehrlinge für gutes Benehmen zu motivieren?

Wenn gelebte Kundenorientierung, sorgfältiges Auftreten und bewusste Kommunikation Firmenkultur sind, übernimmt dies der Lernende automatisch. Wo das fehlt, muss es für den ganzen Betrieb erarbeitet werden. Die Motivation der Lernenden ist dabei das kleinste Problem. Jugendliche lernen in aller Regel mit Freude. Mein Kurs "Visitenkarte" ist workshopartig aufgebaut: Wir besprechen und üben in drei Sequenzen à drei Stunden die wichtigsten Punkte. Das ist nicht trockenes Lernen, sondern sehr viel Handlung. Das macht Spass. Grössere Hürden sind meist bei langjährigen Mitarbeitenden zu überwinden. Da trifft man oft auf die Grundhaltung: Wir haben das immer schon so gemacht und es ist auch gegangen.

 

Wie können Unternehmen herausfinden wie ihre Lehrlinge bei den Kunden ankommen?

Lehrlinge werden hoffentlich durch den Chef oder die Chefin oder andere erfahrene Mitarbeitende betreut und begleitet. Da gilt es einfach, seine Ausbildungspflicht wahrzunehmen, allfällige Defizite zu benennen und Besserung einzufordern. Ist ein Lernender oder eine Lernende einmal alleine unterwegs – auch das kann zum Ausbildungskonzept gehören – sollte man beim Kunden nachfragen. Auch das schafft Vertrauen in die Qualität des Unternehmens.

 

Was sollten KMU tun, wenn einzelne Lernende kein gutes Benehmen an den Tag legen?

Wenn ein Automech-Lehrling ein Bremspedal nicht korrekt wartet, wird ihn der Chef zitieren, auf den Fehler hinweisen, zeigen wie es richtig geht und ihn den Fehler korrigieren lassen. Genauso geht es, wenn es bei Umgangsformen hapert. Ist die Kommunikation zum Kunden mangelhaft oder passt die Arbeitshaltung eher in die Disco als in den Betrieb, muss auf dieses Defizit hingewiesen und Besserung eingefordert werden.

 

In einem Satz: Warum darf kein KMU auf kommunikationsstarke und höfliche Lehrlinge verzichten?

Wenn Mitarbeitende vom Lehrling bis zum Chef sorgfältige Umgangsformen pflegen und korrekt kommunizieren sind sie unmittelbares Zeugnis der Professionalität und Sorgfalt des Unternehmens, schaffen Vertrauen und generieren Neu- oder Folgeaufträge.

Interviewpartner

Galliker Kommunikation

Dr. phil. Hans-Rudolf Galliker